Neurodermitis erkennen: So bekommst du eine rasche Diagnose
Gemeinsam mit einem Arzt kannst du sehr schnell feststellen, ob es sich tatsächlich um Neurodermitis handelt oder einen harmlosen Hautausschlag. Um wirklich sichergehen zu können, empfehlen wir dir einen Termin bei einem Hautarzt. Ein erfahrener Dermatologe kann aufgrund des Verlaufs deiner Krankengeschichte sowie der Symptome auf deiner Haut meist eine genaue Diagnose stellen und rasch eine passende Behandlung einleiten, denn Neurodermitis ist zwar nicht heilbar, aber sehr gut behandelbar.
Hautwissen
Das ist Neurodermitis
- Das Immunsystem eines Neurodermitikers ist permanent in Alarmbereitschaft und reagiert auf viele (für gesunde Menschen harmlose Reize) mit verschiedensten Symptomen.
- tpyische Symptome: gerötete Hautstellen, blasse, sehr trockene und schuppende Haut, starker Juckreiz
- perfekter Teufelskreis: durch das Jucken wird gekratzt und dies führt zu Hautentzündungen, welche wiederum Juckreiz auslösen.
- Die Neurodermitis tritt üblicherweise in Schüben auf. Zwischen den Schüben gibt es wiederum Zeiten, in denen man komplett beschwerdefrei leben kann. Die Länge und Ausprägung eines Schubes fällt bei jedem Betroffenen unterschiedlich aus.
- Ein Termin beim Dermatologen bringt Klarheit: Für einen Hautarzt ist Neurodermitis in der Regel durch Blickdiagnose zu erkennen. im Zweifelsfall wird zusätzlich ein histologischer Befund gemacht.
- Eine symptomatische Behandlung gegen den Juckreiz und die Hautentzündung mit gezielten Medikamenten ist unausweichlich um eine bakterielle bzw. virale Infektion der Haut zu verhindern.
- Neue innovative Therapieoptionen mit z.B. Biologika ermöglichen mittlerweile Beschwerdefreiheit bei Neurodermitis.
- Wichtig: Auch in einem schubfreien Intervall ist die Haut des Neurodermitikers trocken und übersensibel und eine tägliche Basishautpflege ist unabdinglich.
Vermeide die Triggerfaktoren!
Neben der Erstdiagnose gibt es verschiedene ergänzende Tests wie z.B. ein Blut- oder Allergietest. Diese werden durchgeführt, um deine Neurodermitis-Auslöser und sogenannte Triggerfaktoren zu identifizieren. Triggerfaktoren sind jene Faktoren, die die Neurodermitis zwar nicht im eigentlichen Sinne verursachen, aber einen neuen Schub auslösen können. Jeder hat seine "eigene" Neurodermitis und damit seine individuelle Kombination an Triggerfaktoren. Als Neurodermitiker ist es wichtig, deine wichtigsten Triggerfaktoren zu kennen und diese soweit wie möglich zu vermeiden um die Symptome so gering wie möglich ausfallen zu lassen.
Das sind mögliche Triggerfaktoren bei Neurodermitis
- Infektionen
- große Temperaturschwankungen: Neurodermitis-Haut mag weder große Kälte noch starke Hitze.
- falsche Hautpflege: Achte auf Pflegeprodukte ohne Parfüm- und Farbstoffe.
- Hausstaubmilben: Viele Neurodermitiker reagieren auf Hausstaubmilben, diese niesten sich zuhause an verschiedenen Plätzen wie Matratze, Bett, Teppichen und Sofas ein. Dieser Triggerfaktor kann über Haut- und Bluttests erfasst werden. Stellt sich heraus, dass du Milbenallergiker bist, empfehlen wir zumindest die Anschaffung von milbendichten Bettbezügen.
- Tierhaare fördern Juckreiz: Neurodermitische Haut reagiert oft allergisch auf Tierhaare, besonders Katzen oder Hunde können oft der Auslöser von Juckreiz und Ekzemen sein. Wenn du merkst, du bzw. dein Kind ist allergisch gegen das Tier, können wir nur dazu raten, es wegzugeben.
- Pollenallergie und Neurodermitis - Ein beliebtes Paar: Oft gehen Neurodermitis und Pollenallergie einher. Obwohl sich der Hautzustand sich in der warmen Jahreszeit bei den meisten Betroffenen generell bessert, werden die Pollen zunehmend eine größere Belastung. Du denkst, du leidest auch unter einer Pollenallerige? Du solltest über deine "Pollen" genau Bescheid wissen (Blütezeit etc.) , nur so kannst du diesen gezielt aus dem Weg gehen und deine Beschwerden in Grenzen halten. Aktuelle Infos bekommst du auf pollenwarndienst.at.
Interessant ist, dass sich bei einigen Neurodermitikern die Triggerfaktoren im Laufe des Lebens ändern, z.B. kann eine Hausstaubmilbenallergie plötzlich verschwinden und/oder eine Pollenallgergie kommt dazu. Auch dies gilt es mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.
Zu welchem Arzt sollte man gehen?
Der Hausarzt ist bei vielen der erste Ansprechpartner, dieser ist meist in der Lage, eine erste Diagnose bzw. einen Verdacht zu liefern und lindernde Medikamente, wie Salben und Cremen zu verschreiben. Aber auch eine Krankenhausambulanz ist eine gut erste Anlaufstelle, dort arbeiten erfahrene Dermatologen, die sehr rasch die richtige Diagnose erstellen und auch sofort die geeignete Therapie und Behandlung einleiten können.
Bei langandauernden Schüben, heftiger werdenden Symptomen (z.B. der Juckreiz wird immer quälender), solltest du so rasch als möglich einen Experten, einen Dermatologen oder eine Krankenhausambulanz, aufsuchen. Jetzt bedarf es spezieller Medikamente, um den Schub rasch abzufangen. Das kann neben stärker entzündungshemmender Präparate, dazu zählen Kortison-hältige Cremen oder Calcineurin-Inhibitoren, auch die Lichttherapie oder der Start einer Systemtherapie mit z.B. Biologika sein. Biologika wirken genau dort, wo Neurodermitis entsteht: im Immunsystem. Damit wird der Juckreiz rasch eingedämmt und die Ekzeme können abheilen.
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Neue innovative Therapiemöglichkeiten
Eine neue Behandlungsoption bietet z.B. der Monoklonale Antikörper Dupilumab. Monoklonale Antikörper, oder auch Biologika bezeichnet, werden erfolgreich dort eingesetzt, wo die herkömmlichen Therapien bei Erkrankungen des Immunsystems nicht den gewünschten Erfolg bringen. Biologika besitzen entzündungshemmende Eigenschaften und unterdrücken bestimmte Anteile des Immunsystems, die bei der Entstehung von Ekzemen und Juckreiz bei Neurodermitis eine bedeutende Rolle spielen. Diese Behandlung zielt darauf ab, ausschließlich die überschießende Reaktion des Immunsystems zu bremsen, beeinflusst dabei aber nicht die Abwehrkräfte negativ. Diese Behandlungsform ist seit 2017 für Erwachsene, seit März 2023 auch für sehr junge Patienten ab 6 Monaten zugelassen. Umfassende Studiendaten belegen die rasche und langanhaltende Effektivität und Sicherheit von Dupilumab.
Wie sollte man sich bei Neurodermitis ernähren?
Neurodermitis und eine Sensibilität auf Nahrungsmittel sind oft miteinander verbunden. In den westlichen Industriestaaten hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte eine viel zu zucker- und fetthaltige Ernährung etabliert. Gerade Zucker und gesättigte Fette sind meist schädlich für viele Neurodermitiker und beeinflussen den Hautzustand negativ.
Zu den typischen Nahrungsmittelallergien bei Neurodermitis zählen auch:
- Kuhmilch
- Hühnerei
- Nüsse
- Weizenmehlprodukte
- künstliche Aromen
- Konservierungsmittel
- diverse Farbstoffe
Welches Nahrungsmittel dann tatsächlich eine Allergie auslöst hängt von jedem Einzelnen ab und lässt sich nicht generalisieren. Es ist für Neurodermitis-Betroffene wichtig, sich ausgewogen, allergen- und histaminarm zu ernähren und Achtung: Besonders während der Pollenhochsaison können sich Allergien bei bestimmten Nahrungsmitteln verstärken!
Das sagt die Dermatologin
Die Rolle der Nahrungsmittelallergien bei Neurodermitis wird allgemein überschätzt. Ich erlebe immer wieder, dass Patienten unsinnige Diäten machen, insbesondere bei Kindern, obwohl ihre Neurodermitis nach näherem Nachfragen oder dem Führen von Beschwerdetagebüchern nichts mit der Ernährung zu tun hat. Deshalb ist es wichtig, jeweils mit einem/er Spezialisten/in zu sprechen und abzuklären ob hier echte Nahrungsmittelallergien vorliegen und ob das eine oder andere Nahrungsmittel wirklich im zeitlichen Zusammenhang einen Ekzemschub auslöst. Gerade Kindern sollten wichtige Nährstoffe nicht vorenthalten werden.
Dr. Nadine Mothes-Luksch, Dermatologin in Wien
Stress und psychische Belastung
Emotionale Faktoren wie negativer Stress und andere seelische Belastungen wie zum Beispiel Prüfungssituationen, Ehekrisen, Scheidung, Tod eines geliebten Menschen oder Konfliktsituationen am Arbeitsplatz spielen für jedermann eine große Rolle im Leben. Bei einem Neurodermitiker werden aber dadurch zusätzlich neue Entzündungsschübe im Körper begünstigt. Dazu kommt die psychische Belastung durch die Neurodermitis selbst. Eine reine Haut gilt als Zeichen von Attraktivität, Erotik und Anziehung. Die Werbebranche verspricht quasi jedem bei Anwendung der beworbenen Pflegecremes eine “glatte Haut wie ein Babypopo”. Ein guter Psychotherapeut oder ein spezialisierter Coach kann helfen, sich in der eigenen Haut wieder wohler zu fühlen.
Gut zu wissen
Diese Fragen werden bei einer Psychotherapie beantwortet
- Wie gehe ich mit Verletzungen und Zurückweisung um?
- Wie begegne ich mir selbst und wie begegne ich anderen Menschen?
- Wie beeinflusst die Neurodermitis meinen Selbstwert?
- Wie kann ich eine Restrukturierung meines Lebens schaffen?
Eine Lifestyle- bzw. Lebensveränderung braucht Geduld und passiert nicht von einem Tag zum anderen. Aber langfristig gesehen wird es dir und deiner Haut besser gehen, versprochen!
Psychotherapie oder Coaching: Was ist das Richtige?
Es gibt sowohl Ärzte als auch Psychologen, die eine Ausbildung zum Psychotherapeuten haben und die richtigen Ansprechpartner für eine Therapie sind. Als günstig hat sich erwiesen, wenn der Therapeut auch Erfahrungen im Bereich Krankheitsbewältigung von chronischen Erkrankungen hat. Ein Psychotherapeut kann direkt oder mit Überweisung eines anderen Arztes (z.B. deines Hausarztes oder Dermatologen) aufgesucht werden. Einem Coach kannst du direkt kontaktieren, eine Überweisung ist nicht notwendig.
Egal ob Psychotherapie oder Coaching, die Grundvoraussetzung für den Erfolg ist deine Bereitschaft, dich mit deiner Erkrankung sowie dir selbst auseinanderzusetzen und aktiv etwas an der eigenen Situation verändern zu wollen. Wichtig ist, dass Sympathie vorhanden ist und ihr ein Vertrauensverhältnis aufbauen könnt. Wenn sich keine gemeinsame "Wellenlänge" findet, solltest du einen anderen Psychotherapeuten oder Coach suchen.
Unser Lesetipp
Atopische Dermatitis bei Kindern: Eine Herausforderung für Eltern
Atopische Dermatitis, vielen besser bekannt als Neurodermitis, ist eine chronische Hauterkrankung, die bei Kindern häufig auftritt. Man geht von circa 20 bis 25 Prozent aller Kinder aus, die irgendwann unter Neurodermitis leiden. Die tägliche Belastung für betroffene Kinder und ihre Eltern ist meist enorm, eine der größten Herausforderungen ist der permanente Juckreiz, welcher gerade für Kinder besonders schwierig auszuhalten ist. Im Hautinfo.at-Interview sprachen wir dazu mit der Wiener Dermatologin Dr. Nadine Mothes-Luksch.
Infos zum Beitrag
Autor:
Mag. Karin Meinhart
Quellenangabe:
Karin Hafner - hautinfo.at
Stand der medizinischen Informationen: 13. März 2023
Letzte Aktualisierung: 04. April 2023
