JAK-Inhibitoren: Völlig neue Lebensqualität bei Neurodermitis möglich

Wie kommt es zu Neurodermitis?

Neurodermitis ist eine chronisch entzündliche Hauterkrankung, die in Schüben auftritt und je nach Schweregrad und Ausprägung das Leben der Betroffenen empfindlich stört. Die Ursachen der Neurodermitis sind ein fehlgeleitetes Immunsystem und eine Störung der Hautbarriere.

Neurodermitis ist eine systemische Erkrankung, die also das gesamte „System“ Körper betrifft und sich an der Haut durch quälenden Juckreiz und Ekzeme äußert. Oftmals tritt sie in Kombination mit Heuschnupfen, Asthma oder auch mit entzündlichen Darmerkrankungen auf. Die Veranlagung zur Neurodermitis ist vererbt, als typische Auslöser kommen zum Beispiel Infektionen, Allergene, Kälte- oder Hitzereize, Chemikalien oder bestimmte Medikamente in Frage.

Ist Neurodermitis gut behandelbar?

Neurodermitis ist nicht ansteckend, aber auch nicht heilbar, jedoch mit modernen Medikamenten sehr gut behandelbar, sodass in vielen Fällen Beschwerdefreiheit und ein besseres Hautbild zu erreichen ist. Die Therapiemöglichkeiten bei Neurodermitis sind vielfältig und jedes Jahr kommen neue Medikamente auf den Markt.

Besonders wichtig ist die Basispflege mit feuchtigkeitsspenden und rückfettenden Salben, die jeder Neurodermitis-Patient konsequent durchführen muss, auch in Phasen ohne akute Schübe. Je nach Schweregrad der Erkrankung kommen zudem verschiedene medizinische Therapien zum Einsatz:

• Leichte Neurodermitis: Äußerliche Anwendung von Cremen, Salben und Lotionen mit Kortison in unterschiedlicher Konzentration, Phototherapie und Calcineurin-Inhibitoren, bringen meist ein zufriedenstellendes Ergebnis.
• Mittelschwere und schwere Neurodermitis: Wenn äußerliche Medikamente nicht mehr den gewünschten Erfolg bringen, wird in diesen Krankheitsstadien häufig zusätzlich systemisch, also mit Injektionen, Infusionen und Tabletten behandelt.

Neurodermitis: Warum systemisch behandeln?

Für die systemische Behandlung bei Neurodermitis bei mittelschweren und schweren Verlaufsformen stehen zwei Arten von Medikamenten zur Verfügung:

1. Immunsuppressiva: Dazu gehören Cyclosporin A oder Methotrexat. Sie unterdrücken das gesamte Immunsystem, sind sehr wirksam, haben aber auch Nebenwirkungen. Etwa steigt die Neigung, an Infektionen zu erkranken, während man diese Medikamente einnimmt.
2. Immunmodulatoren: Diese unterdrücken nur einen ganz spezifischen Teil des Immunsystems, nämlich den, der für die Erkrankung verantwortlich ist. Zu den Immunmodulatoren gehören die Biologika (Monoklonale Antikörper) und die JAK-Inhibitoren. Sie wirken gut und haben wenig Nebenwirkungen.

Was sind JAK-Inhibitoren?

Januskinase-Inhibitoren, kurz JAK-Inhibitoren genannt, sind Medikamente, die dazu verwendet werden, das Immunsystem positiv zu beeinflussen und die entzündlichen Reaktionen im Körper zu verringern. JAK-Inhibitoren werden seit einiger Zeit erfolgreich bei verschiedenen Krankheiten eingesetzt, die durch überschießende Immunreaktionen ausgelöst werden. Dazu gehören neben Neurodermitis auch Psoriasis, Psoriasis Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen und Myelofibrose.

Die Wirkung der JAK-Inhibitoren beruht darauf, dass sie bestimmte Proteine, die sogenannten Januskinasen, blockieren. Diese Proteine spielen eine entscheidende Rolle bei der Übertragung von Signalen, die zu unkontrollierten Immunreaktionen im Körper führen können. Indem JAK-Inhibitoren diese Januskinasen hemmen, können sie dazu beitragen, die übermäßige Aktivität des Immunsystems zu regulieren.

JAK-Inhibitoren sind heute eine wichtige Therapieoption bei chronischen Hauterkrankungen wie Neurodermitis, bei der das Immunsystem zu stark reagiert und dadurch den zum Teil sehr quälenden Juckreiz auslöst.

TIPP: Wenn du von Neurodermitis betroffen bist, du den Juckreiz noch nicht im Griff hast und mit dem Zustand deiner Haut unzufrieden bist, wende dich an eine Hautärztin oder einen Hautarzt deines Vertrauens! Sprich sie auf die Therapieoption mit einem JAK-Inhibitor an. Ob diese Therapie für dich in Frage kommt, kann nur ein Dermatologe klären.

Welche JAK-Inhibitoren sind bei Neurodermitis zugelassen?

Zur Behandlung der Neurodermitis sind drei JAK-Inhibitoren zugelassen:

• Baricitinib
• Upadacitinib
• Abrocitinib

Sie alle haben eine ähnliche Wirkung und werden in Tablettenform eingenommen. Die Dosierung wird vom behandelnden Arzt festgelegt. Hier sind Erfahrung und Fingerspitzengefühle gefragt, der Patient muss sich selbst sorgfältig beobachten und mit dem  Hautarzt gut zusammenarbeiten, um das Therapieoptimum zu erreichen.

Wer kommt für die Behandlung mit JAK-Inhibitoren in Frage?

„Diese Wirkstoffe sind für Erwachsene und Kinder ab 12 Jahren zugelassen“, führt Frau Dr. Barbara Gruber aus. „Patienten mit einem erhöhten Thrombose- oder Herzinfarktrisiko sowie Raucher sollten diese Therapie nicht bekommen.“ Frau Dr. Barbara Gruber behandelt mittlerweile einige Patienten sehr erfolgreich mit JAK- Inhibitoren. Einer dieser Patienten ist ein 60-jähriger Mann aus Oberösterreich. Seit über einem halben Jahr bekommt er ein solches Medikament und berichtet Hautinfo.at in einem berührenden Interview, wie sich sein Leben seitdem verändert hat.

Neurodermitis-Patient: Es geht mir so gut wie noch nie!

Der Oberösterreicher leidet seit dem Babyalter an schwerer Neurodermitis, sein Leidensdruck war enorm: „Ich habe viel probiert, jahrzehntelang gab es für mich nicht viel mehr als Kortisonsalben, Salz- und Ölbäder. Zumindest kurzfristig geholfen haben mir Aufenthalte am Meer, wobei die Linderung der Beschwerden nicht lange anhielt. Ich habe auch alternativmedizinische Behandlungen ausprobiert, die aber nicht wirklich geholfen haben – in dem Bereich sind zudem viele Scharlatane unterwegs, die einem nur das Geld aus der Tasche ziehen. Es war frustrierend und die immer wiederkehrende Krankheit hat mir viel Lebensfreude genommen. Der quälende Juckreiz, der einen nachts nicht schlafen lässt, daraus resultierend eine Tagesmüdigkeit mit Konzentrationsstörungen – das war sicher das Schlimmste an meiner jahrzehntelangen Erkrankung.

Meinen erlernten Beruf musste ich krankheitsbedingt aufgeben, ich hatte viele Krankenstandstage und viele Krankenhausaufenthalte, der Erfolg der Behandlungen war immer nur von kurzer Dauer. Die immunsuppressiven Therapien, die es in der Vergangenheit gegeben hat, habe ich immer abgelehnt, weil ich nicht mein ganzes Immunsystem runterfahren wollte.

Mit der Zeit habe ich mich immer mehr zurückgezogen und versucht, die Krankheit zu verstecken so gut es eben ging, da auch mein Gesicht und die Hände betroffen waren. Meine Mitmenschen haben mich gemieden, weil sie glaubten, die Neurodermitis sei ansteckend! Es war die Hölle – niemand konnte mir helfen. Lange Zeit hatte ich das Vertrauen in die Medizin verloren und bin gar nicht mehr zum Hautarzt gegangen.

Erst vor einiger Zeit habe ich von den neuen systemischen Therapien erfahren, die nur ganz gezielt in das Immunsystem eingreifen. Da habe ich einen neuen Anlauf gestartet: Bei meiner Hautärztin Frau Dr. Barbara Gruber fühle ich mich nun sehr gut aufgehoben und seit ich die neue Therapie mit Abrocitinib begonnen habe, hat sich nach und nach mein Leben grundlegend verändert. Ich kann heute wieder durchschlafen, wache ausgeruht auf, habe kaum mehr Juckreiz, kann alle Dinge machen, auf die ich Lust habe. Mit einem Wort, mir geht es so gut wie noch nie!

Eines möchte ich aber allen Leidensgenossen ans Herz legen: Mach dir regelmäßig einen Termin bei deinem Hautarzt! Eventuell musst du mehrere Optionen ausprobieren und wenn du eine Therapie beginnst, musst du sie dann konsequent durchführen und auch durchhalten. Das Wichtigste: Nicht den Mut verlieren. Es findet sich auch für dich das passende Medikament, aber keines wirkt sofort über Nacht – also musst du Geduld haben!“